Der Autor
Chris Miller ist ein US-amerikanischer Historiker und Autor, der sich auf die Geschichte der Technologie und ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft spezialisiert hat. Er ist Assistenzprofessor für Internationale Geschichte an der Fletcher School of Law and Diplomacy der Tufts University und hat bereits mehrere Bücher zur Technikgeschichte veröffentlicht.
Der Weg zum Buch
Ich habe mich in letzter Zeit viel mit "Generative AI" beschäftigt (und diese Woche sogar einen neuen Newsletter dazu gestartet) und bin dabei unweigerlich mit dem Thema Computerhardware in Berührung gekommen. Die enormen Rechenkapazitäten, die für das Training von KI-Modellen benötigt werden, machen Computerchips zu einem zentralen Element dieser und anderer technologischer Innovationen.
Das Buch
In Chip War: The Fight for the World's Most Critical Technology (2022) enthüllt Chris Miller die faszinierende Geschichte und geopolitische Bedeutung des Computerchips. Er zeigt, wie diese winzigen Siliziumplättchen nicht nur unsere Geräte antreiben, sondern auch die Struktur der Weltwirtschaft und das geopolitische Kräfteverhältnis bestimmen.
Miller beginnt mit den Anfängen der Halbleiterindustrie und zeigt, wie die USA jahrzehntelang die Entwicklung und Produktion dominierten. Das Silicon Valley, an das wir heute denken, wenn wir Namen wie Google und Facebook lesen, war die Wiege einer Industrie, die in kürzester Zeit immer leistungsfähigere Halbleiter entwickelte und gerade in den Anfangsjahren massiv von Raumfahrt und Militär profitierte.
Er beschreibt den Aufstieg asiatischer Länder, insbesondere Taiwans und Südkoreas, zu Schlüsselakteuren in der globalen Lieferkette. Besonders interessant ist seine Analyse der aktuellen Spannungen zwischen den USA und China im Kampf um die Vorherrschaft in diesem kritischen Technologiesektor.
Das Buch hebt auch die strategische Bedeutung von Unternehmen wie TSMC hervor und erklärt, wie die Konzentration der fortschrittlichsten Chipproduktion auf einige wenige Standorte zu einer Quelle geopolitischer Instabilität geworden ist. Miller argumentiert überzeugend, dass die Kontrolle über die Halbleitertechnologie heute so wichtig ist wie der Besitz von Öl im 20. Jahrhundert.
Warum man dieses Buch lesen sollte
In einer Zeit, in der KI-Systeme wie ChatGPT die Schlagzeilen beherrschen, liefert "Chip War" den dringend benötigten Kontext zu den Technologien, die diese Revolutionen ermöglichen. Millers Werk ist nicht nur eine fesselnde Technologiegeschichte, sondern auch ein Schlüssel zum Verständnis aktueller geopolitischer Spannungen, insbesondere zwischen den USA und China. Dem Autor gelingt es, komplexe technische und politische Zusammenhänge verständlich darzustellen und dabei stets das große Ganze im Blick zu behalten.
Ich bin zwar immer etwas skeptisch, wenn Autor:innen so oft Kriegs- und Waffenterminologie verwenden, aber in diesem Fall ist es nicht nur ein zweifelhaftes rhetorisches Stilmittel: Ohne die massiven Investitionen des US-Militärs wäre die Geschichte der Halbleiterindustrie sicherlich anders verlaufen.
Fazit: "Chip War" ist ein Weckruf – wer die Welt von morgen verstehen will, muss die Geopolitik der Halbleiter von heute begreifen.
Weiterführende Links:
Youtube-Video: Chris Miller and the Battle Between the US and China
Financial Times: The great chip war — and the challenge for global diplomacy
New York Times: The Global Might of the Tiny Chip